Von Odessa nach Ilanz
Maria Tkachuk hat diesen Ilanzer Sommer 2022 mit ihrer Kamera begleitet. Im März flüchtete Maria aus Odessa, heute ist sie Fotografin an einem Festival für Friedenskultur. Ein Blick hinter die Kamera und in Marias Geschichte. Ein Kurzinterview.
*Maria ist 35 und arbeitet seit einigen Jahren als freischaffende Fotografin in der Ukraine. Wer sich für ihre Arbeit interessiert, wird auf ihrem Instagram-Kanal kundig. Dass Maria hier in Ilanz ist, beruht auf den tragischen Ereignissen in der Ukraine, aber auch auf einigen glücklichen Zufällen. Seit März ist sie in Bern bei einer Gastfamilie wohnhaft. Das Team vom Ilanzer Sommer hat die Stelle für Fotografie auf einer Austauschplattform für geflüchtete Menschen ausgeschrieben.
Wie bist du in die Schweiz gekommen?
Zuerst fuhr ich nach Ungarn und traf dort Freunde. Wir planten nach Frankreich weiterzufahren. Es gab jedoch keinen direkten Zug nach Frankreich. Umsteigen war angesagt in Zürich. Ich fand eine Unterkunft in Bern. Die Züge nach Frankreich fuhren erst ein paar Tage später. Ich erlebte somit spontan zwei freie Tage in Bern. In dieser Zeit dieses Land, diese Stadt zu sehen, wohin zu reisen ich mir nie erträumt hätte, veränderte mein Leben. Eine Person, die wir hier trafen, empfahl uns den Aufenthaltsstatus S zu ersuchen und hier in der Schweiz zu bleiben.
Wie ist es für dich an einem Friedenskultur-Festival zu arbeiten? Was gefällt dir? Was siehst du kritisch?
Ich mag es ganz ehrlich sehr, sehr gut. Auch wenn ich kein Deutsch verstehe. Ganz besonders die Leute hier waren grossartig. Man half mir und übersetzte für mich häufig ins Englische. Es war intensiv und ich bin müde nach einer Woche, aber ich habe es genossen. Zu kritisieren habe ich nichts. Ich würde höchstens vorschlagen, den Anlass etwas internationaler zu gestalten. Ich meine damit, Betroffene (Geflüchtete) aus Konfliktgebieten einzuladen. Aus Syrien zum Beispiel.
Was findest du, können wir hier in der Schweiz zu einer Friedenskultur in der Ukraine beitragen?
Aber ihr macht ja schon so viel! Die Leute geben hier ja einfach nur. Sie helfen uns mit Arbeit, Information, Unterkunft. Ihr gebt uns die Möglichkeit mitzuarbeiten und Erfahrungen zu machen.
Was nimmst du mit vom Ilanzer Sommer?
Ich mochte dieses Konzert am Sonntag (Leh Ya Jarè revisited, 7.8.). Es ging mir nahe mit diesem Chor. Ich war inspiriert davon. Die Wanderung durch die Rheinschlucht war ausserdem einzigartig. Diese Erlebnisse werde ich mein Leben lang in Erinnerung behalten. Und ja – die Menschen hier werde ich nicht vergessen. Jede Begegnung war enorm lehrreich für mich.
Du lebst seit März in Bern. Was sind deine Gedanken und Ideen zur Zukunft hier in der Schweiz?
Es ist schwierig etwas zu planen. Die Kriegssituation lehrt mich, im Moment zu leben, ohne Pläne. Ich habe derzeit keine Pläne. Ich nenne das eher Wünsche und Ideen. Ich schätze, ich werde noch länger hierbleiben. Ich kannte hier niemanden. Ich lerne nun aber neue Leute hier kennen und Freunde. Ich mag Bern wahnsinnig gern. Ich fühl mich dort sicher und sehr wohl. Ich liebe es, Fotos von Menschen zu machen. Gerne würde ich als Fotografin hier meinen Platz finden. Es ist nicht nur einfach hier: Die Mentalität und auch die Gepflogenheiten sind anders. Aber ich fühle mich hier sehr gut.
Danke Maria! Spasibo Maria! Djakuju Maria!